Die Wirtschaft läuft wie geschmiert, gute Arbeitskräfte sind gefragt: Die Zeit ist reif, mit dem Chef über den Lohn zu reden. Es lohnt sich, beim Lohngespräch taktisch vorzugehen. Nach kargen Jahren läuft die Wirtschaft wieder auf Hochtouren. Die zuletzt knapp gehaltenen Angestellten haben deshalb einigen Grund zu sagen: «Jetzt sind wir an der Reihe!» Lohnerhöhungen werden in der Regel individuell nach dem Leistungsprinzip ausgesprochen – und das setzt voraus, dass auch individuell verhandelt wird. Dies wiederum erfordert ein cleveres Vorgehen.
Was Sie unbedingt beachten müssen:
Vorab Informationen sammeln – Wer im Lohngespräch das Optimum herausholen will, passt sich am besten den Regeln des Marktes an: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Entscheidend ist deshalb, sich vorher zu informieren.
Der perfekte Zeitpunkt – Den perfekten Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung gibt es nicht, zumindest nicht für den Arbeitgeber. Aus diesem Grund sollten Sie selbst aktiv werden und entscheiden, wann eine Gehaltserhöhung angebracht ist. Selbst wenn es dem Unternehmen gut geht, es könnte immer noch besser sein. Haben Sie jahrelang keine Gehaltserhöhung gehabt, wird sich ihr aktueller Chef unter Umständen denken: „Es wird eben keinen Grund gegeben haben.“ Deshalb sollten Sie selbst die Initiative ergreifen und in gewissen Situationen eine Gehaltserhöhung fordern.
Gut vorbereitet sein – Die Gehaltsverhandlung ist ein zentraler Moment in Ihrem Bemühen, für Ihre Leistungen im Unternehmen entsprechend honoriert zu werden. Innerhalb weniger Minuten entscheidet sich dabei, ob Ihr Wunsch nach einer Gehaltserhöhung in Erfüllung geht. Damit in diesem Gespräch alles planmässig läuft, sollten Sie Ihrem Gesprächspartner nach Möglichkeit immer einen Schritt voraus sein. Wichtig: Machen Sie sich klar, ob Ihre Gehaltsvorstellungen realistisch sind.
Arbeitsleistungen dokumentieren – Eine gute Vorbereitung ist entscheidend. Dazu gehört von Seiten des Angestellten eine Selbsteinschätzung, entweder mittels eines bestehenden Qualifikationsbogens oder ganz konkret anhand der verrichteten Arbeit.
Dokumentieren Sie bereits während des Jahres Ihre Arbeitsleistungen, Solche Belege sind für Vorgesetzte eine grosse Hilfe, da diese oft nicht im Detail über die Arbeit ihrer Angestellten Bescheid wissen. Zudem sollte sich der Mitarbeiter Gedanken zu den im Vorjahr festgelegten Zielen machen und neue definieren.
Auslöser für ungute Gefühle vor dem Mitarbeitergespräch ist oft die Lohnfrage. Wer produktiv arbeitet oder zusätzliche Arbeiten übernimmt, will dies gern mit Barem vergütet sehen. Es ist sinnvoll, Beurteilungs- und Lohngespräch strikt zu trennen: «Die Lohnfrage belastet das Gespräch.» Es besteht sogar die Gefahr, dass ein Chef, der kein Budget für Lohnerhöhungen hat, die Qualifikation nach unten korrigiert, um bessere Argumente gegen einen Zustupf zu haben.
Qualifikationsgespräche – Das Jahresende naht – und damit die Qualifikationsgespräche zwischen Vorgesetzten und Angestellten. Mit guter Vorbereitung wird aus der Pflichtübung ein erfolgreiches Treffen für eine Lohnerhöhung. Mancher Angestellte schluckt leer, wenn der Chef kurz ins Büro schaut und sagt: «In drei Wochen sehen wir uns zum Qualifikationsgespräch.» Während junge Berufseinsteiger dem erstmaligen Tête-à-Tête mit dem Vorgesetzten oft mit Grausen entgegensehen, empfinden manche Altgediente das Mitarbeitergespräch als lästige Pflichtübung. Wie auch immer die Gefühlslage sein mag: Mit etwas Vorbereitung und Geschick kann das traditionelle Treffen zum Jahresende beidseits zu einer lohnenden Sache werden. Sinn von Mitarbeitergesprächen ist, gemeinsam Bilanz zu ziehen und für das bevorstehende Jahr Ziele zu vereinbaren. «Der Arbeitgeber kann prüfen, ob Potenzial und Pläne des Angestellten noch mit den Erfordernissen des Unternehmens übereinstimmen. Und der Mitarbeiter hat die Möglichkeit, sich neu zu positionieren und damit auch seine Stellung zu festigen»,
Auf Kritik nicht aggressiv reagieren – Kein Tabuthema ist im Gegensatz zur Geldfrage die Weiterbildung. Sobald neue Zielvereinbarungen getroffen sind, ist der Moment gekommen, um Kurse und Ausbildungen anzusprechen. Werden neue Ziele ins Pflichtenheft aufgenommen, hat man besonders gute Argumente für die Beantragung einer entsprechenden Zusatzausbildung.
Ein zwingender Bestandteil von Leistungsbeurteilungen ist Kritik. Niemand steckt gern kritische Worte ein – schon gar nicht, wenn sie ungerechtfertigt sind. «Suchen Sie auf keinen Fall die Konfrontation. Fragen Sie stattdessen nach und finden Sie heraus, worauf der Chef seine Kritik stützt und was er erwartet.» Eventuell beruft er sich auf einen einmaligen Vorfall – oder auf Hörensagen. Zu vermeiden sind spontane Ausbrüche wie «Sie sind ja auch nicht besser». Wer Kritik am Vorgesetzten üben will, sollte das auf einer sachlichen Ebene tun. Kommts zu einem Konflikt oder kann der Arbeitnehmer die Kritikpunkte des Vorgesetzten nicht akzeptieren, verlangt er am besten ein weiteres Gespräch unter Beizug einer Drittperson; häufig ist dies die Teamleiterin. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Rückweisung eines Kritikpunktes schriftlich festzuhalten und im Personaldossier vermerken zu lassen.
Der Chef ist verpflichtet, vom Gespräch ein Protokoll anzufertigen, das er und die Angestellte unterschreiben müssen. Der Arbeitnehmer sollte darauf bestehen, ein Exemplar des Protokolls zu erhalten – auch wenn die Unterredung problemlos verlaufen ist. In einem Punkt sind sich die Fachleute einig: «Die beste Voraussetzung für ein erfolgreiches Mitarbeitergespräch ist regelmässiges und unmittelbares Feedback während des ganzen Jahres». So wird verhindert, dass sich aufgestaute Emotionen im Jahresendgespräch entladen und vom eigentlichen Zweck des Treffens ablenken.
Sie leisten mehr – Wenn Sie dauerhaft mehr Arbeit verrichten, sollte das in jedem Fall honoriert werden. Egal, ob quantitativ oder qualitativ. In folgenden Fällen dürfen Sie guten Gewissens mehr Gehalt verlangen:
- Sie tragen mehr Verantwortung.
- Sie haben zusätzliche oder besonders arbeitsaufwändige Projekte übernommen.
- Sie haben eine Weiterbildung oder eine zusätzliche Qualifikation abgeschlossen.
- Sie müssen häufig kranke Kollegen vertreten oder neue Arbeitskräfte einarbeiten.
Was Sie unbedingt unterlassen sollen:
Unrealistische Forderungen – Diese sind von vornherein zum Scheitern verurteilt. Überladen Sie das Fuder nicht. Orientieren Sie sich nicht an den Managerlöhnen. Selbst wenn der Chef Sie sehr schätzt, liegen derzeit – neben dem Teuerungsausgleich – nicht mehr als zwei bis drei Prozent drin. Nur Spitzenkräfte in Branchen mit einem grossen Arbeitskräftemangel können höhere Forderungen stellen.
Drohungen – Das kommt beim Chef ganz schlecht an. Sagen Sie nie: «Mehr Lohn, oder ich gehe.» Dann können Sie gleich zusammenpacken. Die Drohung mit dem Dienst nach Vorschrift ist ebenfalls kontraproduktiv. Der Vorgesetzte wird Ihnen sofort die Kündigung nahelegen.
Sachfremde Argumente – Diese führen nie zum Ziel. Der Vorgesetzte hat wenig Verständnis, wenn Sie die Mietzinserhöhung ins Spiel bringen, die Ihnen jüngst ins Haus geschneit ist. Oder wenn Sie mit den einmal mehr gestiegenen Krankenkassenprämien argumentieren. Der Chef ist lediglich daran interessiert, ihre Leistung zu honorieren.
Innerliche Kündigung – Dies ist die schlechteste Antwort auf eine allenfalls nicht gewährte Lohnerhöhung. Damit schaden Sie nicht nur der Firma, sondern auch sich selbst. Sie verlieren an Kreativität, und Ihre Leistung lässt nach – keine gute Voraussetzung, um später wieder einen guten Job zu finden.